Olly Murs - Grow Up (RCA Records Label)

27.12.2016

Für Olly Murs ist sein fünftes Album wie ein Neustart. Nachdem er in den vergangenen sechs Jahren das britische Pop-Business mit vier Platin-Alben und einer Vielzahl an Hitsingles dominiert hatte, war es ihm wichtig, nicht auf der Stelle zu treten. Doch für einen derart etablierten Künstler wie Olly bedeutet Fortschritt nicht etwa zwangsläufig das Fallenlassen seiner Markenzeichen, um mit den neuesten Trends Schritt zu halten. Es geht vielmehr darum, die eigene Nachhaltigkeit zu verbessern, indem man das musikalische Spektrum erweitert und - das ist ganz wichtig - seinen Fans mehr von sich selbst zu zeigen. Auf „24 HRS“ hört man nun einen Olly, wie man schon immer kannte und wie man ihn noch nie gehört hat. Er ist immer noch der Typ, mit dem man Spaß haben kann und der einst durch die TV-Show „X Factor“ bekannt wurde. Er ist immer noch der Allround-Entertainer, der nichts mehr liebt, als seine Songs live auf einer Bühne zu singen und immer noch der Workoholic, der jeden Morgen dankbar aufwacht, seinen Traumjob ausüben zu können. Der 32-jährige befindet sich in der Aufarbeitungsphase nach dem Ende einer langen Beziehung, versucht sich gerade an das Leben als Single in London zu gewöhnen und ist mehr denn je von dem Gedanken beseelt, der Welt zu beweisen, dass Popmusik keine Wegwerfware ist. „Jedes Album ist ein Anpassungsprozess“, erklärt er. „Du übernimmst das, was du bei den vergangenen Alben gelernt hast, um dich zu verbessern. Doch diesmal war das Gefühl anders. Ich wusste, dass ich nicht auf Nummer Sicher gehen konnte und einfach ein weiteres „Troublemaker“ oder „Wrapped Up“ schreiben. Beim fünften Album ist die Herausforderung eine andere. Ich muss nicht mit anderen Künstlern um ein potenzielles Publikum konkurrieren. Ich habe ein treues Publikum aus allen Altersgruppen, das bei mir bleiben möchte, aber von mir erwartet, dass ich mehr sage. Sie wollen nicht ein Aufguss von „Heart Skips The Beat“. Sie wollen wissen, wer ich jetzt bin.“ Als die ersten Songwriting-Sessions für „24 HRS“ im Februar dieses Jahres stattfanden, machte Olly nicht das, was er in der Vergangenheit immer getan hatte, wie z.B. eine erste Feelgood-Single zu erarbeiten, die die Tonart für das gesamte Album vorgeben sollte. „Normalerweise gehe ich mit Vollgas an eine solche Aufgabe heran“, sagt er. „Aber um ein neues Kapitel zu beginnen, sagte ich dem Team stattdessen, dass sie einfach das machen sollten, was ihnen zuerst einfällt. Wenn es eine Ballade ist, dann soll es einfach so sein. Ob ein Song über Trennung oder Neubeginn. Es könnte Ska, Disco oder Electro-Sound sein. Das Wichtigste war mir, dass wir keiner Formel folgten.“ „Als ich meinen ersten Plattenvertrag angeboten bekam, wurde ich gefragt, ob ich eine Playlist von Songs zusammenstellen könnte, die in meinem Leben einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatten. Ich wählte etwas von den Specials, The Jam, Stevie Wonders „Sir Duke“, Paolo Nutinis „Pencil Full Of Lead“, Madness und ein paar Motown-Sachen. In meiner Kindheit und Jugend haben mir viele Arten von Popmusik gefallen. Ich wollte dem Album genau diese Art von Freiheit geben. Wenn sich ein Song gut anfühlte, nahmen wir ihn auf.“ Der erste Song, der fertig war, war „You Don“t Know Love“, ein euphorischer Dancefloor-Hit, der mit dem uralten Disco-Trick aufwartet, dich in Erinnerungen schwelgen zu lassen, während du tanzt. „„You Don“t Know Love“ hat einen 6/8-Beat, der dich in Bewegung versetzt, aber es geht in dem Song um eine persönliche Rückschau“, erklärt Olly. „Fans, die schon einmal die wahre Liebe erlebt haben, wissen, was ich meine. Jene, die diese Erfahrung noch nicht gemacht haben, bekommen eine Vorstellung davon, wie gut sie sein kann. Der Text hat nichts Negatives. Im Moment habe ich diese Art Liebe nicht in meinem Leben, aber es hilft, zu wissen, dass sie irgendwo da draußen ist, wann immer man sie auch finden wird.“ „Es war klar, dass meine letzte Beziehung auf diesem Album eine große Rolle spielen würde. Wir haben uns im vergangenen Jahr getrennt und ich war immer noch in der Liebeskummer-Phase, als wir die Songs schrieben. Fünf oder sechs sind über meine Ex, aber zwei oder drei davon sind auch über mich. Wollte ich jemanden dafür verantwortlich machen“ Möglicherweise. Aber sobald du die Songs hörst, wird klar, dass ich festgestellt habe, dass niemand größere Schuld trägt als ich.“ Unter den „das Leben muss weitergehen“-Songs (sowohl in emotionaler als auch musikalischer Hinsicht) finden sich das freche „Read My Mind“ und das elektronisch-abenteuerliche „Private“, das in Zusammenarbeit mit MNEK entstand, der produzierte und die Backing Vocals beisteuerte. „Beide Songs handeln davon, neue Menschen nach einer Trennung zu treffen“, sagt Olly. „„Read My Mind“ handelt von einem unverbindlichen Liebesabenteuer, möglicherweise mit jemandem aus deiner Vergangenheit, mit dem man bis spät in die Nacht hinein telefoniert. „Private“ wurde inspiriert davon, dass ich darüber sprach, wie es ist, wieder Single zu sein. Ich lebe wieder in London und war viel in Clubs unterwegs. Ende letzten Jahres wurde ich dabei erwischt, wie ich in er Öffentlichkeit mit ein paar Mädels herum geknutscht habe. Nicht gleichzeitig, gottseidank, aber beide Male landete es in der Zeitung. Deshalb singe ich in dem Song davon, dass die öffentliche Zurschaustellung von Zuneigung nicht mein Ding ist.“ „MNEK für diesen Track zu bekommen war fantastisch. Er hat vor ein paar Jahren einen Remix für „Heart Skips The Beat“ gemacht, bevor er als MNEK bekannt wurde und ich bin ihm immer wieder über den Weg gelaufen. Ab dem Moment, als er mit an Bord war, wurde der Song etwas durchgeknallt. Er hat ihn in musikalische Gefilde geführt, in denen ich noch nie war. Und das war genau das, was ich auf diesem Album wollte.“ Der Song „Deeper“ ist mindestens genauso verrückt, ein topaktueller Pop-Smash, der von den Strandparties auf Ibiza inspiriert wurde. Der Refrain stammt von dem heißen Newcomer Chelsee Grimes, mit einem Mix aus Violinen, Steel Drums und Be-Bop-Scatgesang des Grammy-preisgekrönten Produzenten Clarence Coffee Jnr. „Back Around“ wurde in den USA zusammen mit dem vierfachen Grammy-nominierten Produzenten Claude Kelly geschrieben und vereint Disco- und Country-Elemente. Die aktuelle Single „Grow Up“ ist ein hochgradig unterhaltsames und unwiderstehliches Pop-Meisterwerk, dessen Aufforderung sich genauso an Murs wie an jeden anderen wendet. „Years & Years“ ist der totsichere Vorzeige-Hitkandidat des Albums, der mit Piano beginnt und sich mit Beats und Streichern steigert und letzten Endes mit einem kompletten Choreinsatz gipfelt. Olly singt über die Begegnung mit einer Frau, die alles für ihn bedeutet. „Es ist ein großer Song, schon bevor der Chor einsetzt“, sagt Olly. Ich habe den Song mit Wayne Hector und Steve Mac geschrieben, mit denen ich von Anfang an zusammen gearbeitet habe. Wir haben uns vorgestellt, dass wir bei einer Hochzeit sind und der Bräutigam seine Rede an die Braut halten will. Und diese Rede wurde zum Song. Er handelt davon, wie viel diese Frau ihm bedeutet. Wenn man Single ist, träumt man von so etwas.“ Das atmosphärische, elektronische „24 HRS“ wurde als Titelstück ausgewählt, obwohl es zum Teil ein Trennungssong ist, doch jedem der Songs liegt eine positive Message zu Grunde. „Jede Zeitspanne von 24 Stunden ist anders“, sagt Olly. „An manchen Tagen bekommst du gute Nachrichten und du fühlst dich großartig. An anderen denkst du, alles geht schief oder du machst dich verrückt wegen Familie oder Arbeit. Ich weiß, es ist schwierig, aber wenn etwas hat, an dem man jeden Tag Freude hat oder über das man jeden Tag lachen kann, dann ist das eine große Hilfe.“ „Ich habe mich innerhalb von 24 Stunden von meiner Ex getrennt“, erinnert er sich. „An einem Morgen wachte ich auf und uns ging es okay, obgleich nicht großartig. Und am nächsten Morgen war ich Single und fragte mich, was die Zukunft wohl bringen würde.“ Dies führt uns zum Abschlusssong des Albums: „Flaws“ ist eine bezaubernde Pianoballade, auf der er sich entblößt zeigt wie nie zuvor. „Ich habe mich vorher niemals an einen Song wie „Flaws“ gewagt und ich gebe zu, es war angsteinflößend“, sagt Olly. „Es ist vorsätzlich sehr schmucklos. Wir hätten auch fette Streicher auffahren können, aber wir haben es low-key gehalten, nur am Ende kommt ein Cello dazu. In dem Song gestehe ich meine Fehler ein. Es fiel mir sehr schwer, mit jemandem liiert zu sein, wenn man diesen Job macht, der einem so viel abverlangt. Das ist ganz bestimmt etwas, mit dem ich mich auseinander setzen muss. Als ich „Flaws“ geschrieben hatte, wollte ich, dass es der letzte Track auf dem Album ist. Ich mag es, wenn ein Album gefühlsbetont endet.“ Sobald das Album „24 HRS“ vollendet war, spielte es Olly seiner Ex vor. „Sie mochte es und wünschte mir alles Gute damit“, sagt er. „Okay, es gab ein paar Songs, die sie nicht so spitze fand, weil sie ganz offensichtlich von ihr handeln, aber wir hatten immer darüber gescherzt, als wir noch zusammen waren, dass ich nach unserer Trennung wahrscheinlich mein bestes Album machen würde. Es sollte sich heraus stellen, dass wir recht hatten.“

 

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